Sand wird knapp. Denkbare Lösungen und Alternativen

Sand wird knapp. Denkbare Lösungen und Alternativen

Text: Robert Schütz ( bautalk) Im Auftrag für das Schweizer Baujournal (robe-Verlag).

 

In der Bauindustrie werden die grössten Mengen an
Sand verbraucht. Der Abbau steigt stetig.
Sand aus der Wüste ist übrrigens meist unbrauchbar.
Gefragt ist vor
allem grobkörniger Sand aus Kiesgruben
oder aus den
Tiefen der Meere. Doch die Ressourcen sind begrenzt.
Der Schwarzmarkt blüht. Was können wir tun?
Betonrecycling ist nur eine Möglichkeit.

«Gibt´s wie Sand am Meer oder in der Wüste», lautet ein Sprichwort. Das lässt vermuten, dass Sand in Hülle und Fülle vorhanden ist, sollte man meinen. Die Behauptung «Sand wird knapp», tönt da irgendwie unglaublich. Dennoch ist sie wahr. Die Bauindustrie als grösster Abnehmer sucht nun nach neuen Alternativen und Lösungen. Auch die Umweltverbände schlagen Alarm. Und wie immer, wenn etwas begehrt und knapp ist, weckt dies kriminelle Energien. In einigen Teilen ist bereits die Rede von der Sand-Mafia. Sand wird heute in der Industrie in vielen Bereichen eingesetzt, für die Produktion von Computerbauteilen, für die Glasherstellung und selbst in Zahnpasta ist Sand. Die grösste Menge  jedoch wird in der Bauindustrie verbraucht.

Sand aus der Wüste ist meist unbrauchbar

Interessant in diesem Zusammenhang: Es sind ausgerechnet die ehrgeizigen Wüstenstaaten, die im letzten Jahrzehnt mit ihren gigantischen Bauvorhaben, Sand in grossen Mengen verbraucht haben, und es sind gerade diese Länder, welche den meisten Sand importieren müssen. Denn der sprichwörtliche Sand in der Wüste ist für die meisten Bauvorhaben aufgrund seiner Körnung weder für Beton noch für Mörtel geeignet. Wüstensand ist hierfür zu fein und die Körner von der Form zu rund, somit kann Wüstensand, wenn überhaupt, nur in Verbindung mit grobkörnigem Kies eingesetzt werden. Nur so kann die nötige Druckfestigkeit für Rekord-Bauten, die immer mehr gegen den Himmel streben, erreicht werden. Allein für die Errichtung des derzeit höchsten Gebäudes der Welt, den Burj Khalifa in Dubai, wurden insgesamt entspricht etwa 15 000 Lkw-Ladungen. Nur die Glasfassade, so gross wie 12 Fussballfelder verschlang Unmengen an geschmolzenem Sand. Um den Beton in eine Höhe von über 800 m zu pumpen, musste lange experimentiert werden. Das Ergebnis dieser Entwicklungsarbeit ist ein Beton, der nur zu einem Drittel aus Wüstensand besteht. Der Sand für das 800 m hohe Gebäude musste folglich grösstenteils aus Australien herangekarrt werden.

Strenges Genehmigungsverfahren für Sandabbau in der Schweiz

Die Schweiz verfügt dank der Alpen noch über ein hohes Sandvorkommen. Den überwiegenden Teil des Sandbedarfs kann  die Schweiz mit eigenen Vorkommen decken. Dennoch ist bei uns der Abbau von Sand durch die Behörden streng geregelt. Es können bis zu zehn Jahre vergehen, bis die Bewilligung erfolgt, die dann nur 30 Jahre gültig ist. Das Bundesamt für Statistik berichtete 2011 noch von rund 2000 Beschäftigten in 260 Sand- und Kies fördernden Betrieben. Doch wird diese Zahl trotz steigender Nachfrage weiter sinken. Verantwortlich hierfür sind der steigende Preiskampf in der Schweiz sowie der hohe Import aus Billigländern und der steigenden Umweltauflagen in der Schweiz. Letzteres ist sicher auch erforderlich, betrachtet man die starken Schäden an der Natur.

Naturschützer schlagen Alarm

Für den Umweltwissenschaftler Pascal Peduzzi ist es wichtig, die Folgen jetzt zu erkennen und die negativen Auswirkungen zu vermeiden. Der geborene Genfer ist Leiter der Abteilung «Global Chance and Vulnerabiliy» der Vereinten Nationen in Genf. In einem vorliegenden Bericht kritisiert er unter anderem den Raubbau am Sand, der vor allem in Afrika und Asien zunimmt. Peduzzi erklärte bereits 2014 in einem Interview mit dem SRF: «In Afrika ist der Diebstahl von Sand ein grosses Problem. Sand ist kostenlos, jeder kann an den Strand gehen, Sand nehmen und ihn verkaufen. Natürlich ist das vielerorts illegal, aber für Menschen, die nichts haben, ist das eine Möglichkeit, ein wenig Geld zu verdienen». Zwischenzeitlich haben sich in einigen Teilen der Welt regelrechte Mafia ähnliche Strukturen gebildet. Der Bericht des Genfer Umweltwissenschaftlers, in dem er vor den Folgen des steigenden Sandabbaus warnt, stösst, jedoch bei der Industrie, welche bereits mit einer Vielzahl an Umweltschäden konfrontiert wird, nur auf wenig Interesse und Resonanz. Dennoch bleibt die wachsende Sandproblematik. Sie gehört verstärkt auf die Agenda von Politik und Wirtschaft.

Grössenwahn auf Sand gebaut?

Zunächst müssen wir einige Bauten in Frage stellen. Brauchen wir künstliche Inseln, die oft auch wirtschaftlich auf keinem sicherem Fundament stehen. Die Inselgruppe «The World» vor Dubai ist nur ein Beispiel für wirtschaftlichen Misserfolg. Seit der Finanzkrise ab 2007 mussten hier die Arbeiten eingestellt werden. Derzeit versanden die Inseln nach dem Baustopp mehr und mehr und haben längst an Wert verloren. Sollte das Projekt endgültig abgeschrieben werden, so wird es erforderlich sein, alle Sandaufschüttungen teilweise wieder abzutragen. Was bleiben würde, sind künstliche Lagunen. Künstliche Inseln gibt es auch in Europa. Vor der holländischen Küste, unweit von Rotterdam, entstand ebenfalls ein künstlich aufgeschüttetes Urlaubsparadies auf Sand, für die, die schon alles haben, ausser Ruhe und Abgeschiedenheit: Die Rede ist vom Brouwerseiland, einem künstlichem Inselprojekt mitten im holländischen Naturschutzgebiet. Sollten die Investoren und Bauherren besser über den Einsatz von Sand nachdenken? Oder müssen wir nach neuen Wegen der Sandgewinnun  suchen?

 

Betonrecycling: Ein neuer Weg der Sandgewinnung

Recycling ist ein Weg, denn Bauabfälle machen den grössten Anteil vom gesamten Abfallaufkommen aus. Mehr als 50 % der Bauabfälle bestehen in Zukunft aus Betonabbruch. Es gibt vieles, was für das Recycling von Beton spricht. Neben einer Reduktion des benötigten Deponieraums können primäre Ressourcen wie Sand geschont werden. Auch die gesetzlichen Vorlagen werden sich in naher Zukunft ändern und eine verbesserte Sortierung, Aufbereitung und Wiederverwendung vorschreiben. Bereits heute zeigt sich eine deutliche Tendenz, wonach Länder mit geringem Sandvorkommen auf einen nahezu geschlossenen Kreislauf setzen.