Die 70er und die 80er Jahre waren bunt und schrill. Alles haben wir ausprobiert. Nichts war uns wirklich peinlich.
Rückblickend können wir das Ganze völlig entspannt betrachten
Wer in den Achtzigerjahren seine Sturm- und Drang-Zeit durchlebte, der ist heute bereits über Fünfzig. Die Älteren können sich vielleicht sogar noch an die bunten und schrillen Siebziger erinnern. Damals waren die Möbel mindestens so bunt wie die Schlaghosen und die Blumen im Haar. Der VW-Käfer gehörte in den Siebzigern und noch in der Achtzigern auf unsere Strassen, wie die Anhalter an dem Strassenrand. Viele von uns, die in dieser Zeit den Führerschein machten, hatten danach als erstes Vehikel einen Käfer. Wenn dieser auch meist nur gebraucht war.
Und wer bereits einen Farbfernseher im Haus hatte, der verfolgte in seiner Kindheit die Serien Flipper, Pan-Tau oder Lassie, die bis heute an Beliebtheit nichts eingebüsst haben. Zu meinen Helden gehörte in jener Zeit der faule Kater Garfield, der erstmals 1978 auftauchte. Die Musik der 70er war laut und die Songs, die es auf die Hitlisten schaffen wollten, brauchten mindestens 100 bis 120 Beats pro Minute. Der Text war nicht so wichtig – ausser bei Abba. Ihnen gelang der Durchbruch 1974 mit dem Sieg ihres Titels Waterloo beim Eurovision Song Contest im englischen Seebad Brighton. Es war sicher alles andere als ein schneller Beat, was Abba da hinlegte. Doch ungeachtet der Tatsache ob man diese oft balladenähnlichen Titel mochte oder eher eine schnellere Gangart bevorzugte, ignorieren konnte die schwedischen Chartstürmer niemand. Selbst zwanzig Jahre nach der Gründung von Abba im Jahre 1972 wurde ihr Best-of-Album „ABBA Gold“ über 28 Millionen Mal verkauft. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass auch Sie in Ihrer alten LP-Sammlung noch ein Exemplar finden. Die Siebziger, dass war auch die Zeit als Filme wie „Saturday Night Fever“ und „Grease“ mit John Travolta und Olivia Newton John die Kinokassen klingeln liessen. Das gleichnamige Musical „Grease“ aus dem Jahre 1971 ist mit seinen Neuinszenierungen heute wieder der Verkaufsschlager auf internationalen Musicalbühnen.
Es gibt übrigens auch eine ganz praktische Erfindung, die noch aus dieser Ära stammt und die ganz fest zu unserem Alltag gehört: Das Tetra Pak. Richtig. Die mittlerweile quaderförmigen Kunststoffpackungen, aus denen heute jeder Hip-Hopper und manch ein Raver seinen „Ice-Tea“ schlürft, sind eine Erfindung der 70er Jahre. Hätten Sie´s gewusst?
Es war die Zeit, die wir schon damals gern in Bildern fest hielten, allerdings noch mit einer Pocket Kamera, die nur 24 wohlüberlegte Schnappschüsse pro Film erlaubte. Wenn wir uns diese ersten Farbbilder heute noch mal anschauen, so amüsieren wie uns zunächst über die Mode, die in den 70er mindestens so schräg war, wie der ganze Rest. Sowohl Frauen als auch Männer trugen Plateau-Schuhe zu Schlag-Hosen und Jacken sowie Hemden in Neon-Grün, grellem Gelb, Lila und Purpur-Rot. Die Jungs trugen ihre Haare überlang und gern auch unfrisiert, als Zeichen des Protests gegen das böse Establishment.
Als gestreifte Tennissocken noch schick waren.
Später in den 80er steckten wir uns den schicken Strickpulli in die gebleichte Jeans. Dazu gehörten die hohen Turnschuhe; gestreifte Tennissocken galten als der neueste Schrei. Sie waren ein absolutes Muss.
Im Fernsehen galt Ende der 80er die Bewunderung einem schlagfertigen Chaoten namens ALF. Wir alle erinnern uns noch an das kesse Wesen aus dem All, das seinerzeit regelmässig über die Mattscheibe wackelte. Heute ist auch ALF längst Kult, und selbst die Nachwuchsgeneration kuschelt noch immer ganz selbstverständlich mit dem ausserirdischen Zotteltier. Später glaubte man seine ersten Anregungen für das bevorstehende Geschäftsleben bei dem Fiesling J.R. Ewing aus Dallas abschauen zu müssen. Ein weiteres Erfolgstraining der unschönen Art lieferte der wöchentliche Zweikampf zwischen Alexis Colby und Blake Carrington aus Denver. Beides wird nicht zur Nachahmung empfohlen.
Doch die Achtziger, das war auch die Zeit der realen Bedrohung. Auf der politischen Tagesordnung standen der NATO-Doppelbeschluss und die Aktionen der weltweiten Friedensbewegung und Nena liess in der Hoffnung auf weitere Abrüstung ihre 99 Luftballons steigen. Die Lieder der quirligen Ikone der 80er, die heute selbst bereits Grossmutter ist, sind noch immer der absolute Stimmungsgarant für jede 80er-Party – und das generationsübergreifend. Die „Neue Deutsche Welle“ schwappte zu jener Zeit über alle fünf Welt Meere. Da, Da, Da, mehr brauchte es nicht um die Massen zu begeistern. Und erinnern Sie sich noch an „Modern Talking“; an jenes solariumgebräunte Pop-Duo, das in den Achtzigern einen Hit nach dem anderen landete? Sie verkauften Millionen Alben. Fragte man jedoch heute nach, so will es wiedermal keiner gewesen sein.
Wen das alles kalt lies, der beschäftigte sich mit kniffligeren Herausforderungen: Der Rubik-Würfel erlebte seine Blütezeit ebenfalls in den Achtzigern und entfachte ein regelrechtes Würfel–Fieber. In jeder freien Minute und an jedem Ort wurde das bunte Teil gedreht und gewendet, bis die farbliche Ordnung wieder hergestellt war. Egal wie lang es dauerte. Der von dem Mathematik-Professor Ernö Rubik aus Budapest entworfene Zauberwürfel war dann kurz aus der Mode. Heute hört man es wieder öfter in Trams und Bussen, das vertraute Klacken, das wir zeitweise fast schon vermissten. Im Jahre 2024 gibt’s dieses Denkspiel sogar als App für das Smart-Phone und den Tablet-PC. Nun wird nicht mehr gedreht sondern nur noch fortschrittlich über den Screen hin und her gewischt. Ist den Jungen und Mädchen heute eigentlich klar, dass sie sich die Zeit mit einem Relikt aus der Jugend ihrer Eltern vertreiben? Absolut uncool, wäre sicher deren Kommentar.
Voll peinlich. Oder?
Aber auch Adidas Turnschuhe und – Sporttaschen, die heute wieder voll angesagt sind, stammen ursprünglich aus den 70er Jahren. Tattoos und Piercings sind auch nicht ganz neu und gehören selbstverständlich heute mit zum coolen Outfit. Was es zu unserer Zeit nicht gab, sind Hosen, die gefährlich tief herab hängen und den Blick in beschämender Weise auf die Unterwäsche und die nackte Haut freigeben. Gibt es etwa immer noch so etwas wie einen Protest gegen das Establishment? Oder werde ich alt? Im Prinzip wiederholt sich doch Alles. Nur rückblickend betrachtet, erscheint uns vieles peinlich. Doch warum eigentlich? Dazu gibt es für uns aus der Generation 50plus keinen Anlass. Es war unsere gute alte Zeit. Halten wie sie in Ehren, die Erinnerung an die Jugendtage, die Schulzeit, die erste Zigarette, den ersten Rausch und die erste grosse Liebe. Schön war es doch.
Und wenn Sie mal wieder einfach nur im Erdboden versinken möchten, weil Ihre Kinder die alten Fotos und Super Achtfilme aus jenen Tagen hervorkramen, dann vergessen sie nie: Irgendwann sind ihre Kinder auch über Fünfzig. Ihre Enkel werden sich dann ebenfalls vor lachen krümmen, wenn diese ihren Vater mit herunterhängenden Baggys bis zu Kniekehle und die Mutter mit Extension und bauchfrei auf Bildern ertragen müssen. Spätestens dann wird es auch für diese Generation peinlich, oder?
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Das Design der 70er
Der starke Einfluss der Jugend, hat das Design in den Siebzigerjahren stark geprägt. Die Experimentierfreudigkeit war gross. Mut und Wagnis waren angesagt. In dieser Zeit entstand ein absolut neuer Kunst- und Kulturbegriff. Zusätzlich erleichterten neue Technologien bei der Kunststoffverarbeitung die Umsetzung der fliessenden Formen.
Designer orientierten sich an der Formensprache der Science-Fiction-Filme, weshalb man auch vom „Space Age“ spricht. Auch Formen aus der Natur nahmen Einfluss auf die Entwürfe. Einer der Vertreter dieser Stilepoche war der Italiener Luigi Colani, der viele Objekte mit starken Rundungen entwarf. Man spricht in diesem Zusammenhang gern vom „Soft-Edge-Design“.
Das Design der 80er
Die Architektur und das Design der 80er wurden u.a. sehr geprägt von der Postmodernen, die sich stark gegen den kalten Funktionalismus und die Rationalität auflehnte. Man verweigerte die ständige Suche nach dem Neuen. Vielmehr bediente man sich der Stilrichtungen der Vergangenheit und griff bewusst Merkmale bestehender Stilrichtungen auf. Diese Zitate wurden dann zu einem völligen neuen Entwurf zusammengefügt.
Mit dieser Idee sorgte 1981 in Mailand auch die internationale Designergruppe Memphis für viel Aufsehen. Ihr bekanntester Vertreter war Ettore Sottsas. Typisch waren der gewagte Umgang mit Farben und die unterschiedliche Formen. Die Objekte spielten gern mit leichter Ironie und mit Witz.